Nach einem ausgiebigen Frühstück beginnt die Fahrt beinahe pünktlich um neun Uhr morgens in einem vollbeladenen Daladala. Die Fahrt von Moshi zum Londorossi Gate ist lang und ab der zweiten Hälfte sehr holprig. Roter Staub dringt durch den löchrigen Boden und die undichten Fenster des Kleinbusses, in der Ferne ziehen vereinzelt Zebras durch die trockene Landschaft.
Wenige Kilometer vor dem Gate steigt einer der Träger zusammen mit einem großen Sack aus – ich wundere kurz, gehe aber davon aus, dass wir einfach einen Mitfahrer dabei hatten.
Wir sind die erste Gruppe des Tages und während ein offensichtlich wichtiger Mann im grünen Mantel gewissenhaft unser Gepäck wiegt, tragen wir uns um 11:11 Uhr zum ersten Mal mit Angabe der Passnummer, des Namens, des Wohnorts und des Berufs in ein dickes Buch ein – nicht das letzte Mal auf dieser Tour, aber das letzte Mal, dass man es mit einer gewissen ehrlichen Ernsthaftigkeit tut.
Nach Erledigung aller Formalitäten und einem letzten Klogang (mit Spülkasten!) fahren wir wieder ein Stück zurück und siehe an, wer springt unterwegs wieder mit seinem Sack ins Auto? Genau, unser verschmitzt blickender Träger von vorhin. Wir haben also bei der Gewichtsabnahme geschummelt.
Die Straße wird immer schlechter, die Fahrrinnen sehr tief und das unter dem Kleinbus befestigte Reserverad schleift bereits am Grund. Als wir wenige Kilometer später tatsächlich nicht mehr weiterkommen, heißt es schließlich aussteigen. Jetzt beginnt unser Abenteuer.
Unsere sechs Träger packen erstmal alles in ihre eigenen Säcke, bevor sie uns Jamaica dann vorstellt:
Joaquin (Assistent in Ausbildung), Abel (Chefträger und Koch), sowie die Träger Alex, Colmar, Leon, Melchior und Prosper.
Unser Guide gibt von Beginn an das langsame Tempo vor und geht mit festem Schritt voran – „To balance the peak”, wie er meint. Es ist warm (23 °C) und der Weg durch den Regenwald abschnittsweise sehr steil. Frische Elefantenspuren und entsprechende Verdauungsprodukte am Wegrand zeigen, dass wir nicht allein sind und wo ist überhaupt der bewaffnete Ranger, von dem in Foren immer die Rede war?
Zweieinhalb Stunden später kommen wir auch bereits in unserem ersten Nachtlager, dem Big Tree Camp, an. Der Platz liegt versteckt unter Bäumen, verfügt über mehrere erstaunlich saubere Klohäuschen und wird von zwei Parkangestellten geführt, aus deren grüner Metallhütte fröhliche Musik aus dem mit Solarstrom gespeisten Radio zu hören ist.
Unsere Zelte wurden natürlich bereits aufgestellt, diese Nacht darf ich allein im kleinen Zelt übernachten, während sich Monika und Werner die Zweier-Unterkunft teilen. Jamaica bekommt ebenfalls ein Zelt für sich, alle anderen werden auf zwei reparaturbedürftige Mannschaftszelte verteilt, wovon uns eins aber erst einmal als Essenszelt zur Verfügung steht.
Bereits am ersten Abend erleben wir, wie viel Essen wir täglich essen können und müssen – viel zu viel nämlich! Während uns Melchior Kaffee, Tee, Popcorn und eine Kerze bringt, bereitet Abel auf dem kleiner Gaskocher ein leckeres Dinner bestehend aus Suppe, Kartoffeln, Gemüse und (für die Fleischesser) frittiertem Fisch zu. Alles sehr lecker und sogar ich als extrem anspruchsvoller Vegetarier bin vollstens zufrieden.
Nach dem Essen kommt Jamaica ins Zelt, informiert sich über unsere Verfassung und bespricht den nächsten Tag – ein Ritual, was sich jeden Abend wiederholen sollte. Wir erfahren von ihm, dass er bereits seit 20 Jahren am Berg unterwegs ist und seine Karriere als Koch begann, ein Grund, warum seine Tourteilnehmer immer genug und gut zu Essen bekommen.
Um 21:00 Uhr ziehe ich mich in mein Zelt zurück, befreie mich von den den bissigen und sehr hartnäckigen Ameisen und schlafe schnell ein, während draußen Colobus-Affen brüllen und das ein oder andere Kleingetier wilde Raubtier ums Zelt schleicht (Werner sichtet ein Geschöpf auf allen Vieren mit Schwanz!).
In der Nacht muss ich zweimal aufs Klo, auch so eine nette Erfahrung, im Lichtkegel der Stirnlampe … nun ja :-)