Um 6:45 Uhr weckt uns Melchior mit seinem trockenen „Morning call“ und zwei Schüsseln warmen Wassers, mehr gibt's nicht für die morgendliche Körperpflege, dafür dürfen wir zwischen einer ersten Tasse Kaffee oder Tee wählen. Die Nacht war angenehm und trotz Oh-je-ich-übernachte-allein-in-der-Wildnis-Gefühls konnte ich sehr gut schlafen. Wie bereits am Abend zuvor fällt auch das Frühstück mit Tee, Kaffee, Toast, Margarine, Marmelade, Omelette, Porridge und frischem, in mundgerechte Häppchen geschnittenen Obst sehr üppig aus.
Danach heißt es flott Packen (die Zelte werden von den Trägern abgebaut) und Wasser desinfizieren. Während Werner einfach Micropur-Tabletten in seine Behälter wirft und Monika Bakterien mit Certisil tötet, bereite ich meine vier Liter
Flüssigkeit etwas aufwendiger mit der Zwei-Komponenten-Lösung von Aquamira von McNett auf – umständlicher, aber dafür sehr schnell wirkend und absolut geruchsneutral.
Der Weg ist anfangs wieder sehr steil – ein nicht enden wollendes Auf und Ab, bis schließlich die erste magische Grenze von 3.000 Meter überschritten ist. Nebelschwaden ziehen schnell durch die hüglige Landschaft, doch nach Überschreitung einer letzten Anhöhe reißen die Wolken über dem Shira-Plateau auf. Eine wunderschöne schier endlose Weite tut sich vor uns auf, und wir erblicken den Kilimanjaro erstmals in seiner vollen Pracht. Ab diesem Zeitpunkt wird der Berg immer zu sehen sein und wir erleben, wie wir ihm uns nähern und er vor uns immer größer wird.
Wir halten oft Päuschen ab, nicht nur zum Essen und Ausruhen, sondern weil wir so viel Wasser trinken und damit wirklich dauernd Pinkeln müssen, für Jamaica ein gutes Zeichen unseres körperlichen Zustands, weshalb es ab sofort „Natural Medicine Break“ heißt.
Wir lassen das Shira I Camp auf 3.500 m (12 Klohäuschen) hinter uns, da sich Jamaica für eine Übernachtung im verlassenen und eher unbekannte Simba Cave Camp entschied – eine tolle Entscheidung, denn das Camp liegt einsam vor einerkleinen Höhle gelegen.
Wir haben einen langen Weg hinter uns und genießen die letzten warmen Sonnenstrahlen. Nach Sonnenuntergang wird es schnell ungemütlich kalt und während wir auf das Essen warten, machen wir uns Gedanken über die Temperaturen und darüber, ob wir ausreichend ausgerüstet sind. Ich denke wehmütig an meine zweite Fleece-Jacke, die ich im Hotel zurücklies ...
Doch der Blick in den nächtlichen Himmel lässt mich alles andere vergessen: noch nie in meinem Leben sah ich so viele Sterne!
Bei minus sechs Grad Außentemperatur und auf 3.600 Meter über dem Meer verziehe ich mich mit Jogginghose, zwei paar Socken und dickem Bauch zufrieden in meinen
Schlafsack, wo ich wieder sofort einschlafe.